[Rezi] Dann bin ich seelenruhig

Autor: Angela S.
Titel: Dann bin ich seelenruhig : Mein Leben als Ritzerin
Genre: Autobiograpieh
Verlag: Arena (Würzburg)
Erscheinungsjahr: 2011
Seiten: 164 S.
ISBN:
978-3401065830

"Laut Sanitäter war es der Patientin noch möglich gewesen, selbst zum Rettungswagen zu laufen."
(1. Satz) 

Rezension:
Angela S. hatte eine schwere Kindheit. Geprägt von Schlägen, Beleidigungen und Abneigung sieht sie nur einen einzigen Ausweg mit dem innerlichen Schmerz klar zu kommen: Ritzen. 
Schon früh beginnt sie durch die äußerlichen Selbstverletzungen die Einsamkeit und Traurigkeit in sich selbst leichter zu ertragen. Schnell aber wird klar, dass die kurzzeitige Befriedigung durch jeden Schnitt eben nur kurz hält. Danach überfallen sie wieder Ängste und sie zieht sich wieder in sich zurück. 
Diagnose: Borderline-Syndrom. Dies aber wird erst diagnostiziert, als es schon fast zu spät ist. 

"In meiner gesamten Grund- und Hauptschulzeit gab es keine länger andauernde Phasen, in denen ich nicht Außenseiter oder Mobbing-Opfer gewesen wäre. Die Folge waren neue Schnitte, neue Gehässigkeiten, wieder neue Schnitte - ein ekelhafter Kreislauf, dem ich nie entkommen konnte.
(S. 70, 1. Teil vom 3. Absatz)

Eine Geschichte, die realer und berührender nicht sein könnte. Ein Buch, das den Schmerz eines verzweifelten Mädchens zeigt, das anderen Mut machen möchte, damit auch sie es aus dem Sumpf der negativen Gedanken schaffen. 
Diese Autobiographie ist schonungslos ehrlich und beschreibt wie Angela in das Tal der Selbstverlet-zungen gesunken ist. Wie ihre Mutter ihr niemals Liebe schenkte und sich nur mit Geschrei und Schlägen ausdrücken konnte. Es steigen einem unweigerlich die Tränen in die Augen, wenn man die Beschreibungen Angelas Verzweiflung liest. Ein Mädchen, das doch einfach nur Kind sein wollte, es aber nie sein durfte. 
Für Angela scheint es irgendwann nur noch einen Weg zu geben, mit den Abweisungen von Mutter und dem Mobbing der Mitschüler leben zu können und das Ritzen wird zu ihrer Zuflucht. Eindringlich beschreibt sie, wie einfach es war sich selbst zu verletzen und dem Leser wird schnell klar, wie viele Menschen an solch seelischen und körperlichen Verletzungen leiden. Angela beschreibt ihre Aufenthalte, die sie in einer Tagesklinik verbracht hat und wie sie wieder anfangen konnte zu leben um kurz darauf wieder allein gelassen in ein neues Loch zu fallen. Schnell wird klar, was nur ein falschen Wort oder ein falscher Blick bei ihr auslösen konnte. Ein Buch das den Leser nicht in Ruhe lässt und immer wieder traurig beweist, was eine unschöne Kindheit alles zur Folge haben kann. 
Doch ist es ebenfalls ein Buch, das Mut macht. Denn Angela beschreibt ebenfalls wie sie es geschafft hat aus dieser Situation heraus zu kommen und ein neues Leben beginnt. Ein Beispiel für alle ebenfalls Betroffenen, die einen Weg suchen um ihr Leben neu zu gestalten. Ebenfalls ist es eine kleine Hilfe für Bekannte und Verwandte um einen Einblick in die verletzten Seelen zu gewinnen. Deren Hoffnungen zu unterstützen und einfach um zu sehen, was diese Krankheit bedeutet.
Neben ihren Worten sind auch kleine Passagen Angelas behandelnder Therapeuten und Ärzte mit in diesem Buch enthalten, sowie schmerzhafte Gedichte, die sie in ihrer schweren Zeit geschrieben hat.
Angela S. hat den Mut gefasst und ganz offen über ihre Krankheit geschrieben. Eine starke Leistung, denn oftmals prägen insbesondere Ängste die Betroffenen, dass andere sie wegen ihrem Handeln abstoßen könnten. Doch eine Krankheit ist eine Krankheit, es gibt Heilungschancen und wer den Mut aufbringt so ehrlich mit sich selbst zu sein und einem Menschen der leidet beizustehen, wird schnell merken, was für besondere Menschen in der verletzten Haut stecken…


Vielen Dank für das Rezensionsexemplar an Arena.

Die Autorin:
Auslöser dafür, dass Angela S., Jahrgang 1992, mit dem Ritzen begann, waren Mobbing in der Schule, Probleme zu Hause, totale Überforderung. Heute macht sie das Abitur und möchte danach Psychologie studieren.

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