[Rezi] Klassenziel

Autor: T.A. Wegberg
Titel: Klassenziel
Genre: Jugendroman, Spannung
Verlag: Rowohlt (Reinbek bei Hamburg)
Erscheinungsjahr: 2012
Seiten: 285 S.
ISBN: 978-3-499-21624-4

"Die junge Frau mit der Sonnenbrille geht in die Hocke und breitet beide Arme aus."

Persönliche Zusammenfassung:
Was bedeutet es, wenn es scheint, als würde man einen Menschen der einem immer nah stand, doch gar nicht kennen? Was heißt es, wenn dieser Mensch eine ungeheuerliche Tat begeht und man ihn dennoch liebt? Und was ist wenn dieser Mensch andere getötet hat? Benjamin findet sich genau in der Situation wieder: Sein Bruder hat bei einem Amoklauf in der Schule mehrere Schüler – und auch Freunde von Benjamin – gnadenlos erschossen.
Wie soll er damit klar kommen? Wie geht das Leben weiter, wenn alle einem böses wollen? Und was hat Dominik zu so einem Schritt bewegt?

Rezension/Meinung:
T.A. Wegberg schneidet in seinem Jugendroman ein Thema an, was alle bewegt: Amoklauf.
Nicht nur Schüler und Lehrer sind betroffen, wenn ein Schüler diesen Schritt begeht, auch das Umfeld, wie die Familie des Täters und Familien der Opfer haben am Ende jede Menge offene Fragen.
So ergeht es auch Benjamin, der lange Zeit glaubte, sein Leben sei perfekt. Er war immer mit all seinen Freunden unterwegs, war ein guter Schüler und sein Aussehen war auch nicht zu verachten. Dominik, sein Bruder, war dagegen schon immer ein Einzelgänger und Mitläufer. Seine Noten waren alles andere als gut und die Versetzung mal wieder gefährdet.
Plötzlich aber verändert er sich, sitzt nicht mehr den ganzen Tag vor dem PC und spielt „Ballerspiele“, sondern geht raus mit einem Freund und scheint sich in Benjamins Klassenkameradin zu verlieben. Doch überschlagen sich die Ereignisse und als sich die Eltern der beiden trennen, scheint etwas in Nick zu zerreißen.
Auch Benjamin kommt mit der Situation nicht klar, schreit seine Wut aber hinaus und fühlt sich durch seine Bandkollegen aufgefangen. Dominik aber frisst alles in sich hinein und entwickelt einen gefährlichen Plan.
Benjamin wirkt zu Beginn recht oberflächlich und es ist schwer sich an diese Art zu gewöhnen. Hinzu kommt noch seine flapsige Ausdrucksweise, die nichts böses im Sinne hat. Doch sobald es ernst wird, merkt man auch die Verzweiflung, die er verspürt und die Fragen die er sich immer wieder stellt sind greifbar.
Der Aufbau des Buches ist gut, denn jedes Kapitel unterteilt sich in zwei Teile. Der erste Teil beschreibt die Gegenwart und der zweite die Vergangenheit. Durch Benjamins Worte lernt man Nick kennen, bewahrt dennoch immer eine gewisse Distanz, da er nie selbst zu Wort kommt. Wieso es zu dem Amoklauf wirklich gekommen ist, wird daher auch nicht erklärt, was aber auch bei wahren Tätern eher selten heraus kommt.
Eindringlich wird beschrieben, wie sich Benjamin und sein Mutter fühlen, als alle auf sie losgehen, obwohl doch nicht sie es waren, die diesen Amoklauf begangen haben.
Es ist aber so, dass der Mensch nun einmal jemanden sucht, dem er die Schuld geben kann – da bietet sich die Familie des Täters gut an. Auch begegnet man der Angst, die Benjamin in seiner neuen Heimat hat. Jeder Schritt geht zögerlich voran, da er immer wieder befürchtet, dass ihn jemand erkennen könnte.
Nach dem langen bedrückten Ton des Buches, schaffen es die Protagonisten aber langsam wieder ein neues Leben zu beginnen. Neben der harten Geschichte des Amoklaufs, wird einem schnell klar, dass man vielleicht selbst einmal jemandem begegnet ist, den man ausgegrenzt hat oder nicht mochte. Doch macht es einen großen Unterschied ob man diesen Menschen still schweigend ausgeschlossen hat oder mit Wort und Tat angegriffen hat. Jeder Mensch ist meiner Meinung nach ein Individuum und hat es somit auch verdient von anderen akzeptiert zu werden. Und selbst wenn man sich mit einem anderen nicht versteht, sollte man ihn dennoch er selbst sein lassen. Lästerei, Hänseleien und Niedermachen sind Themen, die gerade in der Schule ein großes Thema sind und es würde allen das Leben erleichtern, wenn nicht immer jemand als Opfer auserkoren werden würde und zu leiden hätte. Denn auch dieser Mensch besitzt eine Seele und ein Herz, dass man mit den kleinsten Worten schon verletzten kann. Und Verletzungen die nicht heilen, werden zu einer offenen Wunde, die sich aus Sicht derer die es tun – nur durch Wut und Rache schließen lässt.
Ein Buch, das den Leser zum nachdenken anregt, bedrückt und das auch eine andere Sichtweise solcher Taten zeigt.
Wahrscheinlich wäre dies auch eine gute Lektüre für Schulen.

 Es klingt spannend? Dann gibt es hier das Taschenbuch.

Der Autor:
T. A. Wegberg wurde in Krefeld geboren und füllte schon als Dreijähriger die Schulhefte seines großen Bruders mit erfundenen Buchstaben. Bücher trugen mehr zu seiner Erziehung bei als Eltern und Lehrer, deshalb studierte er Germanistik und Anglistik und wurde freier Lektor, um den ganzen Tag lesen zu können.
Beim Schreiben verbindet er diesen Input mit den Themen, die ihn berühren und interessieren: Psychologie, Jugendkulturen, Freundschaft, Drogen, Theologie, Psytrance, Punk & Independent, Bewältigungsstrategien, Partys, Sozialarbeit...


Weitere Bücher:
  • Memory Error oder Wie mein Vater über den Jordan ging (2009)
Quelle: Bild und Beschreibung des Autors von der Verlagsseite.

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